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Bremskraft unterschiedlich

Tobi_M50, Montag, 27.05.2024, 18:29 (vor 183 Tagen) @ Knegges

Das Fahrzeug hat KEIN ABS, richtig? Hatten nicht alle 90er Cabrios ABS ab Werk?

Eine Erklärung für die abweichenden Bremsleistungen Re/Li habe ich in diesem Fall nach Deiner Beschreibung auch nicht, ich möchte hier mal mit ein paar Mythen aufräumen und damit aufzeigen dass ich den HBZ als Ursache für das beschriebene Problem ausschliessen würde.

Hier meine über gut 25 Jahre angeeignete Sichtweise auf die Dinge (Irrtümer vorbehalten):

1. der E30 hat ein Zweikreis Bremssystem, wobei ein Kreis die Vorderachse versorgt und der zweite Kreis die Hinterachse. Unterschied zwischen vorne und hinten ist lediglich dass für vorne der HBZ zwei Abgänge hat (beide vom gleichen Kolben mit Druck beaufschlagt) und für hinten die Aufteilung mit einem T-Stück über der Hinterachse erfolgt. Im Vergleich zu einem Diagonal-Zweikreis System hat sich BMW dadurch seinerzeit lediglich eine zweite Bremsleitung nach hinten gespart. Ohne ABS liegt somit konstruktionsbedingt an den Bremssätteln der Vorderachse immer der gleiche Druck an. Wenn das Fahrzeug über ABS verfügt (3-Kanal ABS) kann das anders aussehen weil sich dann im ABS Hydroblock Druckdifferenzen ergeben können, je nachdem was die Ventile da drin so treiben. Beim Thema ABS bin ich raus, hatte nie einen E30 mit ABS, damit habe ich keine Erfahrung.
Extra Tip der hier nichts zur Sache tut: die Bremsleitungen am T-Stück an der Hinterachse sind mit eingebautem Tank so gut wie nicht sichtbar, Zustand kann auch der TÜV nicht wirklich prüfen. Meine Bremsleitungen waren an der Stelle derart vergammelt dass wenn ich nicht mal zufällig den Tank ausgebaut hätte, wären die vermutlich bald mal bei einer Notbremsung zerbröselt.

2. Für die Auslegung der hydraulischen Bremskraftverteilung zw. vorne und hinten spielen nicht die absoluten Achslasten eine Rolle, sondern das Verhältnis der Achslasten. Es spielt also keine Rolle ob man die Hinterachse leichter, oder eben durch einen schwereren Motor auf der Vorderachse diese schwerer macht. In beiden Fällen muss man die Bremskraft-Balance Richtung vorne verschieben um ein Überbremsen der Hinterachse zu vermeiden.
BMW hat das u.A. beim E30 mit unterschiedlichen Bremssattel-Kolbendurchmessern an der Hinterachse realisiert. Es ist also richtig dass die 6-Zylinder Modelle tendentiell kleinere Bremskolben in den Sätteln an der HA haben als die 4-Zylinder Pendants. Somit ist es (zulassungstechnisch) nicht irrelevant die hinteren Bremssättel bei einem Umbau von 4Z zu 6Z mit zu tauschen.

3. Weil es gut zum Thema passt: gestufte HBZ haben im normalen Betrieb keine Auswirkung auf die Bremskraftverteilung zw. vorne und hinten. Der einzige Sinn ist dass beim Ausfall des vorderen Bremskreises durch das Durchfallen des betreffenden Kolbens im HBZ sich das Übersetzungsverhältnis für den noch intakten hinteren Bremskreis ändert und man somit ohne zusätzlichen Kraftaufwand am Pedal mehr Bremskraft auf der verbliebenen Hinterachs-Bremse erreichen kann. Durch die aufgrund des Ausfalls der Vorderachsbremse geringeren dynamischen Achslastverteilung überbremst die Hinterachse in dem Fall auch nicht so leicht und man kann das Fahrzeug in diesem Fall leichter zum Stehen bringen.

4. Kunifer Bremsleitungen sind AFAIK nicht allgemein zugelassen, einen pauschalen Tip Bremsleitungen nur mit Kunifer zu ersetzen ohne entsprechenden Hinweis halte ich für nicht richtig. Oder hat sich in dem Bereich zulassungstechnisch etwas geändert, das würde mich natürlich sehr freuen zu erfahren.

Sollte ich irgendwo einen Denkfehler haben bitte ich um Korrektur.

mfG Tobi


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