Hallo E30-Gemeinde!
Ich möchte Euch hier nach vielen Jahren des Mitlesens und Staunens
endlich mal einen meiner eigenen E30 vorstellen, ein zweitüriger
323i mit 150PS (ohne Kat) von 1985. Diese Motorisierung dürfte
neben seinem älteren Bruder mit 139PS und den stark dezimierten
Dieseln wohl eine der E30-Varianten sein, die in meiner Wahrnehmung am
seltensten geworden sind.
Da ich vor über 25 Jahren auf diversen E30 im Motorsport anfing,
und damals auch reichlich E30 als Alltagsauto fuhr, ist mir dieser Typ
besonders ans Herz gewachsen. Ich habe viel an den Dingern geschraubt
und gefahren. Die Jahre gingen ins Land, die Rennautos wurden wie der
gesamte Motorsport immer moderner und schneller, und irgendwann waren
die E30 echt seltene Autos geworden. Und ich habe meinen Spaß
daran entdeckt, sie als Alltagsoldie zu nutzen. Denn ich erinnerte
mich, wieviel mehr Spaß es doch macht, pur unterwegs zu sein
anstatt politisch korrekt vollständig vom Auto geregelt und
bewacht. Und das nicht nur am Sonntag bei Sonnenschein mit einem "Note
1" Auto zum Kaffeetrinken, sondern im möglichst unrestaurierten
Originalzustand im Alltag, um inklusive Kindersitz, Supermarkteinkauf,
Urlaubsreise und Arbeitsweg bei Bedarf das 80er Jahre-Gefühl zu
genießen. Mir gefallen immer mehr die Oldies, die man im
Gegensatz zu den 1a-Sommer-Sonntags-Super-Sammlerzuständen im
täglichen Gebrauch einfach leben lassen kann und die ihre Patina
zeigen dürfen. Das lockert den unsäglich langweiligen
Alltagsbrei im Straßenbild einfach auf!
Zum Auto: Der hier gezeigte 323i wurde im Juni 1985 auf ein BMW
Autohaus erstmals zugelassen. Danach wanderte er durch sage und
schreibe 5 weitere Hände. Allerdings erging es ihm dort
augenscheinlich etwas besser als vielen seiner Artgenossen, was auch
daran gelegen haben mag, dass kein Besitzer zum Zeitpunkt des Besitzes
weit unter 30 Jahre alt war. Irgendwann musste er in früher Jugend
mal einen Frontschaden rechts überstehen, der aber gut repariert
wurde. Im Jahre 2001 wurde er stillgelegt, 2003 nochmals für einen
Sommer reaktiviert, und danach in einer baufälligen Scheune
für viele Jahre untergestellt. Der damalige Besitzer hatte wohl
vor, ihn reifen zu lassen und herzurichten. Allerdings standen in der
Scheune vielzählige Patienten. Der Besitzer wurde älter und
älter, irgendwann überstieg anscheinend die gesammelte Arbeit
die Lebenserwartung, und so kam ich über noch weitere Umwege 2014
zu dem Auto. Er hatte glaubhafte 109.000km, war nicht groß
verbastelt, hatte eine für das Alter verdammt gut erhaltene
Innenausstattung und bekam wohl in den 80ern auch mal eine
Konservierung, die lebensrettend gewesen sein dürfte. Aber er wies
diverse Standschäden aus den 10 Jahren Dornröschenschlaf auf,
genauso viele optische Gebrauchsspuren und einen kleinen Unfall am
Frontblech unten (verdeckt durch einen mittelmäßig
schönen BMW Zubehör-Frontspoiler).
Der Plan nach der Bestandsaufnahme war, ihm seine Patina zu lassen, ihm
auch seine Gebrauchsspuren in Lack und Chrom nicht zu nehmen und ihn
mit originalen Teilen wieder alltagstauglich und hübsch im Zustand
der Auslieferung zu machen. Gar nicht so einfach, denn manchmal
stört ein blitzendes und blinkendes Neuteil einfach das Auge im
Gesamtkontext. Mag seltsam klingen, ist aber so. Dazu gehörte
unter anderem dann eben, ein originales delphingraues VVFL-Frontblech
zu suchen, was mit einem zum Zustand passenden sehr guten Gebrauchtteil
sogar flink gelang. Genauso erging es mir mit dem aufgequollenen
Gummi-Heckspoiler: Ein erstens dem Gesamtzustand entsprechendes gutes
Gebrauchtteil zu ergattern und zweitens eins, das die Teilenummer noch
aufgeprägt und nicht aufgeklebt hat, so wie alle frühen
Baujahre. Am Fahrwerk wurden neben dem Rückbau von
Zubehör-Alus auf originale Stahlfelgen noch die Bremse sowie
Dämpfer, Reifen und ein paar Lager erneuert, alles andere tut
großteils seit 37 Jahren seinen Dienst. Genauso wie der Motor und
der gesamte Antriebsstrang. Hier habe ich damals nur den Zahnriemen
incl. Wasserpumpe und Keilriemen erneuert, Flüssigkeiten und
Kerzen gewechselt, Zündung eingestellt und gut, danach kam er 2015
wieder auf die Straße.
Wenn dem E30 in sehr seltenen Fällen dann mal nach einer Reparatur
ist, kündigte er das immer brav an und dann bekam er, was er
brauchte. So wie vor einmal den Kupplungsgeberzylinder, übrigens
der einzige "Liegenbleiber" in all den Jahren, peinlicherweise in den
Händen meiner Frau.
Diesen Winter gab es dann mal eine kleine Karosseriekur, ein paar Ecken
hatten angefangen zu rosten, vor allem aus Gründen der
Nachlässigkeit von Vorbesitzern, zum Beispiel weil sie früher
mal Wasser im Kofferraum stehen ließen und beim Radwechsel mit
dem Wagenheber eher grob waren. So dass eine Reparatur sowie eine
Konservierung vor allem der Falze und blinden Ecken nicht schaden
konnte, aber Blecharbeiten haben mir schon immer Spaß gemacht,
also kein Thema. Dabei bekam er noch einen neuen Auspuff, das Getriebe
wurde abgedichtet und endlich auch ein wunderschönes, zu der Zeit
passendes BMW Radio besorgt. Und weil 6 Jahre auf Stahlfelgen reichten,
wurde auch ein Satz Alu's aus meinem Teilefundus restauriert. Dabei
fiel mir auf, dass die frühen Gussformen optisch etwas anders sind
als die späteren, so dass auch hier erst wieder eine Teilesuche
nach einer einzelnen Felge aus 1983-1985 erfolgen musste! Verrückt
ist man schon.
Das schöne Auto läuft nun in seinem sechsten Sommer bei uns,
er verbraucht auf dem Arbeitsweg teilweise meist unter 9 Liter Benzin
und macht nicht nur mir sondern auch dem Rest der Familie viel Freude!
Herzliche Grüße,
Jörg
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