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M3 E30 vs. Porsche 997

 

Der M3 E30 gilt unter den E30 Fans als absolutes Heiligtum, obwohl in Serienzustand gegen neuere Sportwagen vorallem in Sachen Vortrieb keine Lorbeeren mehr gerntet werden können. Entsprechende Vergleiche in Funk und Fernsehen bevorzugt mit den allseits bekannten Fahrzeugen aus dem BMW Museum enden oft mit einem Sieg für den jeweiligen Gegner. Jedes Mal stelle ich mir vor, wenn ein gut getunter M3 E30 angetreten wäre. Wie wäre das Rennen wohl ausgegangen?

Um der Sache einen praktischen Rahmen zu geben, habe ich mir für jeweils eine Woche einen G-Power geladenen S54 M3 E30 und einen leicht optimierten Porsche 997 ausgeborgt und beide ausgiebig getestet.





Der M3 E30 sollte bekannt sein, es handelt sich um das rubinschwarze Exemplar aus Andis Fuhrpark mit S54 Motor und circa 450 PS. Diesen Wagen habe ich ausgewählt, weil er mich unter vielen verfügbaren Motorisierungen am meisten überzeugt hat. Der gleichmäßige Schub auf M4 Niveau kann vom E30 Fahrwerk noch gut auf die Straße gebracht werden, die 345x28mm Cayenne Bremse sorgt für abartige Verzögerung. Nach vielen Jahren des Feintunings ist dieser M3 sehr gut abgestimmt und damit aus meiner Sicht der optimale Gegner für den 997.



Der Porsche 997 ist ein Carrera S von Baujahr 2004 mit zahlreichen Optimierungen. Das geht beim Motor los, das 3,8 Liter 355 PS Triebwerk wurde beim Spezialisten für 19.000 Euro nach Motorschaden komplett neu aufgebaut und modifiziert. Mt stahlbebuchsten 4 Litern Hubraum, spezieller Kurbelwelle, neuen Kolben und scharfen Nockenwelle liegen jetzt tiefgestapelte 395 PS an. Ja gut, die Optik läßt unter der Haube etwas zu wünschen übrig, aber der Motor schiebt wirklich gut und ist dabei noch voll alltagstauglich. Die Bremsanlage wurde von 330x34mm auf 380x36mm mittels BREMBO 8-Kolben Sätteln von GEMBALLA aufgerüstet. Hinten arbeitet weiterhin die 330x28mm C2S Serienbremse.

Der Porsche besitzt ab Werk ein Aktives Suspension Management (PASM), welches in 2 Modi arbeiten kann. (Sport, Normal). Mittels H&R Federn ist der Wagen ein wenig tiefer gelegt. Das Spoilerkit entspricht in einigen Elementen dem GT3. Da sich kaum einer in dem Bereich gut auskennt, erntet man immer wieder Beifall von anderen Porsche Fahrern "für diesen seltenen GT3".



Doch jetzt soll es an den Fahrtest gehen. Zunächst möchte ich meine Eindrücke des Porsche zu besten geben. Das äußere Erscheinungsbild ist aus Sicht eines E30 Fahrers schon ein wenig angsteinflössend. Unbezahlbar und sauschnell sind die ersten Attribute die mir einfallen. Aber ganz so schlimm ist es nicht. Ab 45.000 EUR kann man sich einen ähnlichen wie den hier vorgestellten 997 holen. Mit 4,6 Sekunden auf 100 legt der leicht optimierte 997 aber einen ordentlichen Wert hin. Aufgrund des Heckmotors besitzt der 997 eine sehr gute Traktion, vorallem im Vergleich zum M3 E30.

Der 6-Zylinder Boxer Motor hängt sauber am Gas und liefert in jedem Drehzahlbereich bei entsprechenden Druck aufs Pedal enormen und gleichmäßigen Vortrieb bis an den Begrenzer. Der Motorlauf ist etwas rauher als beim BMW 6-Zylinder. Die Geräuschkullisse ist ziemlich brachial, das Triebwerk sitzt auch mechanisch leise hörbar immer im Nacken. Das Gaspedal geht für meinen Geschmack etwas zu schwergängig., was subjektiv ein wenig die Leichtigkeit der Leistungsentfaltung verringert. Die Charakterik ist die eines Sportmotors und am ehesten noch mit dem ehrwürdigen S14 vergleichbar. Du kriegst in jedem Drehzahlbereich verbindlich immer die gewünschte Leistung. Es ist kein überschwengliches Drehmomentmonster wie der S62, wo man immer mal wieder überrascht wird, wo der Schub aus dem Keller jetzt eigentlich herkommt. Ich meine das im positiven Sinne, als Rennfahrer weisst du nach kurzer Zeit genau was der Porsche im nächsten Moment im jeweiligen Gang abliefert und du kannst präzise abwägen ob sich das runterschalten lohnt oder nicht. Die Schaltung arbeitet trotz der langen Betätigungsseile ausreichend präzise. Das Getriebe ist tendenziell eher lang übersetzt, die 6 Gänge aber eng gestuft.

Die Bremsanlage überzeugt dagegen nicht sonderlich. Mit der Serienbremse von immerhin 330mm hatte ich das ja noch verstanden, aber nach Aufrüstung auf 380mm kann ich dass nicht mehr erklären. Gefühlt scheint es ein Problem der Bremskraftverstärkung zu sein, die Pedalkräfte sind tendenziell eine Nummer zu hoch. Die Verzögerungswerte sind messtechnisch ok, doch das berauschende Feeling eines E30 mit großer Bremse kommt nicht auf. Auch aus hohen Geschwindigkeiten verzögert der 997 sehr gut, aber nur wenn man wirklich beherzt aufs Pedal drückt.

Das Fahrwerk überzeugt im SPORT Modus mit angemessener Härte und toller Straßenlage. Die Abstimmung ist immer noch für die Straße geeignet, kein bretthartes Rennfahrwerk. Im NORMAL Modus wackelt der Porsche horizontal mit seinem Heck. Der Motor wird als Schwungmasse aktiv. Diese Einstellung ist auf Dauer nicht wirklich nutzbar.

Die viel beschworene Kurvengierigkeit des Porsches konnte ich in engen Kurven erahnen, ohne daß es jetzt bei mir besondere Eindrücke hinterlassen hätte. Da scheint ein E30 im Vergleich garnicht so schlecht da zu stehen, wenn nicht grad ein Eisenschwein verbaut wurde. Bei hohen Geschwindigkeiten ist mir eine eher unangenehme Eigenart des Porsche in Errinnerung geblieben. Der Vorderwagen wird leicht und beinträchtigt die Stabilität spürbar. Die 293km/h Höchstgeschwindigkeit würde lieber im ausgewogenerem E30 M3 verbringen.

Der Innenraum des 2004er 997 Modells bietet keine besonderen optischen Highlights. Alles funktioniert, aber das wars auch schon. Im gleich alten BMW 645Ci bekommt man deutlich mehr Wertigkeit und Entertainment geboten. Das Porsche Radio lassen wir am besten aus, weit entfernt von dem was BMW damals in Petto hatte.



Der Einstieg in den BMW M3 vom Andi ist aus Sicht eines passionierten E30 Fahrers wenig spektakulär. Alles bekannt und tausend mal gesehen. Die mittlerweile verbauten Recaro SR Sitze mit Sportevo Konsolen bieten eine bequeme aufrechte Sitzposition mit mehr Überblick als im Porsche. Der kompressoraufgeladene S54 Motor läuft so ruhig wie man es von BMW 6-Zylindern gewohnt ist. Er dreht seidig hoch und überzeugt mit reichlich Biss über den gesamten Drehzahlbereich. In Summe muss ich sagen, dass ich (als unbelehrbarer E30 V8 Fan) bisher noch keinen besseren Antrieb im E30 gefahren bin. Die enorme Leistung von 450 PS kann ab dem zweiten Gang ganz gut auf die Straße gebracht werden. Dem Porsche zu folgen, fällt nur anfangs wegen fehlender Traktion schwer. Ab 80 zieht man ihm sehr locker davon. Ist genug Grip vorhanden können die großzügigen 460Nm ausgekostet und in maximalem Vortrieb umgewandelt werden. Nach circa 13 Sekunden sind 200 km/h erreicht, der Porsche kommt 2 Sekunden später angeflogen.

Das Fahrwerk im M3 E30 bestehend aus H&R Federn und KONI gelb Dämpfern ist sportlich-komfortabel abgestimmt. Im Gegensatz zu aktuellen Tuningtrends ist noch genug Restfederweg vorhanden. Das M3 E30 Spoilerkit sorgt für stabile Verhältnisse auch bei Geschwindigkeiten jenseits der 250 km/h. Neben dem tollen Motor bleibt vorallem die überragende Cayenne Bremsanlage mit 345x28mm M3 E46 CSL Bremsscheiben in Errinnerung. Schon bei der ersten Pedalbetätigung überzeugt die überraschend deutliche Verzögerung, die sich durch stärkeren Pedaldruck scheinbar grenzenlos steigern läßt. Von den reinen Werten her liegen die Verzögerungen beider Fahrzeuge von 100-0 mit rund 35m sehr dicht beieinander. Subjektiv besitzt der M3 eine überdimensionierte und der Porsche eine Standard Bremse.

Die erreichbaren Kurvengeschwindigkeiten im M3 E30 sind auf dem E30 üblichen Niveau. Ich schätze im direkten Rennstreckenvergleich hätte der Porsche mit seinen breiten Schlappen und modernerem Fahrwerk in dieser Disziplin die Nase deutlich vorn. Dafür überzeugt der M3 in einer anderen Disziplin, dem Drift. Kaum ein anderes Fahrzeug läßt sich so präzise querfahren wie ein E30 mit 300PS+. Der Porsche kann das zwar auch, aber der Grenzbereich ist immer noch ein bisschen tückisch. Allzu doll übertreiben sollte man es lieber nicht.





Im Alltagstest nehmen sich beide Fahrzeuge nicht sehr viel. Aufenthalte an Tankstellen können sich verzögern, weil man wegen der Autos angesprochen wird. Beim Porsche ist häufig etwas Neid zu spüren, beim M3 fast ausschliesslich nur Anerkennung nach dem Motto "so einen (ähnlichen) hatte ich früher auch mal". Kofferraumtechnisch ist beim Porsche Mangelware. Vorn passt eine Kasten Bier rein, das wärs dann. Auf den Rückbänken kann im Porsche wegen des Überrollbügels keiner mehr sitzen, aber ich schätze auch ohne ginge es nur für Kinder bis 6 Jahren. Im M3 geht es im Fußraum hinten bekanntermaßen eng zu, aber ansonsten läßts sich gut leben.








BMW M3 E30 (nicht Serie)
Porsche 997 (nicht Serie)
Fahrzeugwert, geschätzt
55.000 EUR
45.000 EUR
Baujahr
1988
2004
Neupreis (Serie)
65.000 DM
91.000 €
Leistung
450PS
395 PS
Triebwerk
S54 3.2 6-Zyl mit Kompressor G-Power
4.0 Liter Boxer 6-Zyl Saugmotor
max. Drehmoment
460Nm
440Nm
Getriebe
6-Gang Schaltgetriebe
6-Gang Schaltgetriebe



0-100
5 Sek
4.6 Sek
100-200
8.2
10 Sek
vmax
295km/h
293 km/h



Leergewicht
1280kg
1495kg



Zum Abschluß läßt sich sagen, daß sich der M3 E30 in diesem Vergleich sehr gut geschlagen hat und (wer hätte es anders erwartet) als mein persönlicher Sieger hervorgeht. Der Porsche ist eine schöne Abwechslung und gute Geldanlage, wenn genug Platz in der Garage ist. Bei der Übergabe der Fahrzeuge konnte ich noch kurz einen 993 Probe fahren. Stehende Pedale, schönes klassisches Porsche Cockpit aber verhältnissmäßig überschaubare Leistung. Nur was für echte Fans ...



tino@e30.de