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Neuaufbau Vorderachse E30

In dieser Anleitung wird die komplette Überholung und Optimierung der E30 Vorderachse besprochen bzw. auf die entsprechenden Detailanleitungen verlinkt. Die Überholung der Hinterachse konnte ja bereits hier nachgelesen werden.



Damit es am Ende so ähnlich aussieht wie im Bild, ist einiges an Arbeit zu erledigen. Man könnte die gesamte Vorderachse, bestehend im wesentlichen aus den Federbeinen, Querlenkern und dem Achsträger aus dem E30 ausbauen und überarbeiten. Praktisch funktioniert es besser, wenn man sich einen separaten Satz Federbeine und einen Achsträger samt Stabi als Gebrauchtteil besorgt. Dann werden die Achsteile außerhalb des Fahrzeug revidiert und dann in einem Zug wieder zurückgebaut.

Am E30 sind an der Vorderachse (neben den speziellen M3 Ausführung) generell zwei Federbeinvarianten zu unterscheiden:

  • Federbeindurchmesser 45mm
  • Federbeindurchmesser 51mm
Die 45mm Federbeine besitzen oben ein Außengewinde für die Stoßdämpferbefestigungsmutter. Im Foto rechts gut zu erkennen.






Die 45mm Ausführung ist grundsätzlich in den leichteren 4-Zylinder E30 zu finden.



Die 51mm Ausführungen findet sich vorrangig in den schwereren 6-Zylinder Motorisierungen. Je nach Karosserieausführung und Ausstattung können die 51mm Federbeine auch mal in einem neueren Touring oder Cabrio verbaut sein.

Nachmessen ist in jedem Fall eine sichere Methode um das gewünschte Exemplar zu finden.
Beide Federbeinvarianten (45 und 51mm) sind mit und ohne ABS erhältlich. Die entsprechende Bohrung für den Sensor ist nur schwer nachzurüsten. Daher sollte beim Gebrauchtkauf entsprechend auf die vorhandene Bohrung im Achstumpf geachtet werden.









Bei schweren Motoren (M30, S38, V12) oder breiten Felgen mit niedriger ET (unter 10) und generell bei Sporteinsatz empfiehlt sich die Verstärkung der Federbeine. Die E30 Federbeine knicken unter extremer Belastung unten ab. Das Dämpferrohr löst sich dann im Achstumpf und der Sturz verändert sich nachhaltig.

Das Bild zeigt den Minimalausbau der Federbeinverstärkung um dem Abknicken moderat entgegen zu wirken. Das einzuschweissende 4mm dicke Blech stützt das Federbein an der obersten Kante des Achsstumpfes ab.

Für Rallyeeinsätze ist die Aufdoppelung des gesamte Dämpferrohrs empfehlenswert inklusive mehrerer dicker Knotenblech- verbindungen zum Achsstumpf.

Die gezeigten Bleche sind von verschiedenen Anbietern erhältlich, unter anderem in den größeren V8 und V12 Set auf 300mm.de

Vor dem Sandstrahlen und Pulverbeschichten ist der Bereich hinter dem Radlager grundlich zu Reinigen. Dies ist insbesondere bei Verwendung der von mir auf 300mm.de angebotenen 5x120 Umbau Lösungen erforderlich, da hier später die massive Staubkappe sitzen wird.
Die nicht zu strahlenden und zu beschichteten Flächen sind abzukleben. Ich nutze dazu einfaches Panzertape. In mehreren Lagen verklebt, hält es dem Sandstrahlen stand. Mein Beschichtungsbetrieb ersetzt das Panzertape vor dem Pulvern durch temperaturbeständiges Klebeband, orientiert sich aber natürlich an dem was ich bereits abgeklebt habe.
Die Fläche wo das Radlager später raufgeschoben werden soll, ist besonders gut zu schützen. Jeder Kratzer erschwert später die Montage.

Die drei M6 Bohrungen an denen das Ankerblech befestigt ist, sind durch entsprechende Schrauben zu sichern. Die Bohrungen von Spurstangenkopf und Querlenker können ebenfalls durch Schraubverbindungen geschützt werden.

Im Foto noch nicht geschützt aber noch zwingend abzudecken sind die Öffnung für den ABS Sensor, sowie die Befestigungsaufnahmen für den Bremssattel. Werden letztere mit gepulvert besteht die Gefahr, dass die 95Nm Schraubverbindung des Bremssattels sich lockert, weil die Beschichtung schleichend der Flächenpressung ausweicht.
Im oberen Bereich ist die Stoßdämpferöffnung zu schützen. Beispielsweise durch eine alte Mutter mit Schraubverbindung und dicker Unterlegscheibe.

Sind die Federbeine komplett abgedeckt, werden sie zum Strahlen und Beschichten an den ausgewählten Fachbetrieb ausgeliefert.


Im Bereich Berlins beispielsweise:
Krause & Splett in Niederlehme bei KW



Die Arbeiten am Vorderachsträger wurden bereits in einer Anleitung im Rahmen des V12 Projekt ausführlich besprochen:

Folgende Farbkombination habe ich für meine Fahrzeuge ausgewählt:

  • Federbeine, Achsträger: RAL 7005 mausgrau
  • Stabilisator: RAL 5002 ultramarinblau
  • Ankerbleche: RAL 5012 lichtblau

Nach entsprechender Wartezeit sind die Vorderachsteile nun durch das Sandstrahlen von jeglicher Korrision befreit und mittels Pulverbeschichtung optisch in einen Zustand besser als neu versetzt worden.

Die Schrauben und andere Abdeckungen können jetzt entfernt und das Federbein komplettiert werden.


Die Ankerbleche sind in der Regel zu erneuern, da sie nach den langen Betriebsjahren meist verrostet und verbogen sind.

Soll eine größere Bremsanlage montiert werden, sind die Aussparungen für den Bremssattel jetzt entsprechend nachzuarbeiten.
Die Ankerbleche habe ich in RAL 5012 lichtblau lackieren lassen. Da meine Ankerbleche (aus dem Zubehörhandel) verzinkt waren, musste der Lackierer eine entsprechende Vorbehandlung durchführen, damit die Farbe auch längere Zeit hält.
Nun können neue Radlager beschafft und verbaut werden. Als Anbieter kann ich SKF, FAG und Meyle empfehlen. Die Staubmanschette und die zentrale Abdeckkappe ist bei den von mir verwendeten MEYLE Radlagersets nicht enthalten und muss beim BMW Händler nachgekauft werden.

Radnabe inkl. Radlager und Zentralmutter MEYLE 300312 1102 (2x)
Abdeckkappe BMW Teile Nr. 31 21 1 130 125 (2x)
Manschette/Staubkappe BMW Teile Nr. 31 21 1 126 790 (2x)





Die Staubkappe wird auf den Zapfen im Bereich hinter dem Radlager aufgeschoben. Ggf. muss mit Werkzeug nachgeholfen werden. Vorallem bei der Standardausführung der Staubkappe aus Blech muss vorsichtig gearbeitet werden, um sie nicht zu verbiegen.

Im Foto die massive Ausführung der Staubkappe, wie sie bei den 5x120 Spezialradnaben mitgeliefert wird.


Das Ankerblech kann nun mit drei Stück M6x8 Schrauben montiert werden. Das Anzugsmoment sollte bei ca. 10Nm liegen.

Nun wird die Einheit aus Radnabe und Radlager auf den Zapfen aufgeschoben.

Das sollte werkzeugfrei einfach mit der Hand gehen. Wenns hier klemmt, dann Nabe nochmal entfernen und nach der Ursache suchen. Meist sind es kleine Kratzer oder andere Unebenheiten am Achsstumpf, die dann sorgfältig zu beseitigen sind.

Die Zentralmutter mit SW36 wird nun angesetzt und später am Fahrzeug mit 290Nm festgezogen.

Die Mutter besitzt außen einen dünnen Rand. Am Ende der Arbeiten ist der Rand mit einem Meißel in die Kerbe des Achsstumpfs zu schlagen und so die Mutter gegen Lösen zu sichern.

Die zentrale Abdeckkappe wird erst nach fertiger Montage des Federbein und Festziehen der 290Nm Mutter mit einem weichen Gummihammer aufgebracht.

Um das Federbein weiter zu vervollständigen bedarf es unter anderem folgender Teile:

  • Stoßdämpfer
  • Gummiunterlagen oben und unten
  • Schutzkappe für Dämpferrohr
  • Feder
  • Federteller oben
  • dicke Unterlegscheibe
  • Blechkappe unterhalb des Domlagers
  • Domlager
  • Mutter oben

Jetzt wird der Stoßdämpfer in das Federbein eingeschoben. Zuvor kommt ins Dämpferrohr noch ein Schluck Standard Motoröl. Das Öl sorgt für eine bessere Wärmeabfuhr vom Dämpfer, der ja im Betrieb durchaus heiss wird. Das Öleinfüllen, so daß der gesamte Dämpfer mit Öl benetzt ist, also oben wieder was rauskommt.

Hinweis: bei Upside Down Dämpfern (Bilstein B6, B8) darf kein Öl eingefüllt werden.

Dämpfer für 51mm  Federbeine passen nicht in 45mm Federbeine. Umgekehrt geht es durchaus, ist aber in der Regel nicht empfehlenswert.

Die im E30 bewährten gelben KONI Dämpfer besitzen oben einen Ring zur Zentrierung. Ohne Ring klappert der Dämpfer hin und her.

KONI 86-2277sp1 (für 51mm Federbeine) 40mm gekürzt (2x)


Nun wird der Schraubring mit einem geeignetem Werkzeug mit 130Nm festgezogen.

Die untere Gummiunterlage kann nun im Federteller eingesetzt werden.

Federunterlage unten BMW Teile Nr. 31 33 1 24 322 (2x)

Es gibt verschiedene Unterlagen, welche hier aufgelistet sind:

Federunterlagen im Vergleich

Nun kann die Schutzkappe aus das Dämpferrohr aufgeschoben werden. (Fehlt in den weiteren Fotos, weil keine passende zur Hand).

Die Feder wird nun eingesetzt und ggf. mit einem Federspanner zusammengedrückt.

Oben wird die Gummiunterlage sowie der obere Federteller positioniert.

Federunterlage oben 3mm  BMW Teile Nr. 31 33 1 128 523 (2x)
Federunterlage oben 9mm  BMW Teile Nr. 31 33 1 128 522
Federteller oben
BMW Teile Nr. 31 33 1 128 524 (2x)



Bei 60mm Tieferlegungsfedern ist die Feder in der Regel so kurz, dass es auch ohne Federspanner geht. Einfach die Feder von Hand ein wenig zusammendrücken um so die weitere Montage zu ermöglichen.

Im Bild hier auf dem Federteller die Unterlegscheibe (37x2,5 mit 14mm Bohrung), welche nicht vergessen werden darf. Ansonsten klappert das Domlager später auf der Kolbenstange.

Unterlegscheibe BMW Teile Nr. 31 33 6 776 760 (2x)

Das Domlager wird nun als Nächstes montiert. Von unten kommt aber noch eine Blechkappe drauf. Gebrauchte und spielfreie Domlager können durchaus weiterverwendet werden. Das Einbringen von neuem Fett ins Kugellager ist zu empfehlen.

Staubschutzmanschette  BMW Teile Nr. 31 33 1 110 196 (2x)
Stützlager Standard  BMW Teile Nr. 31 33 1 139 452 (auch SACHS 802 009) (2x)

Eine Übersicht über verschiedene vordere Domlager gibt es hier:

Sturzkorrigierende Stützlager im Vergleich

Hinweis: Stark sturzkorrigierende Stützlager funktionieren nur bei Gewindefahrwerken (mit im Durchmesser schmal bauenden Federn).
Von oben kommt nun die M12 Feingewindemutter drauf und wird mit 44Nm (bei Innensechskant im Dämpferrohr) bzw. 64Nm (bei Außensechskant am Dämpferrohr) festgezogen. Das Dämpferrohr muß dazu oben gegen Verdrehen festgehalten werden. Ein modifizierter (im Außendurchmesser schmaler gemachter) 19er gekröpfter Ringschlüssel und ein 5mm Inbus zum Gegenhalten sind hierbei geeignete Werkzeuge.

M12x1,5 Mutter selbstsichernd  BMW Teile Nr. 32 21 6 769 539 (2x)
Abdeckkappe 28,5mm  BMW Teile Nr. 31 33 1 124 335 (2x)


Das Federbein für eine Seite ist nun komplett. Jetzt kann die andere Seite identisch zusammengebaut werden.


Vor der Federbeinmontage ins Auto muss der Vorderachsträger samt Querlenker und Lenkgetriebe verbaut werden. Dieses Thema wird im folgenden Link ausführlich beschrieben:

V12 Projekttagebuch Vorderachse und Lenkgetriebe

Das fertige Federbein wird jetzt ins Fahrzeug eingesetzt und zunächst oben mit ein paar M8 Muttern gesichert. Später werden dann drei selbstsichernde M8 Muttern am Federdom mit 22Nm festgezogen.

Im Foto ein stark exentrisches Domlager (modifiziert) vom M3 E36. Nähere Informationen zu verschiedenen vorderen Domlagern gibt es hier:

Sturzkorrigierende Stützlager im Vergleich

Hinweis: Stark sturzkorrigierende Stützlager funktionieren nur bei Gewindefahrwerken (mit im Durchmesser schmal bauenden Federn).

Unten muss das Federbein nun mit dem Querlenker verbunden werden. Dazu wird der Zapfen des Querlenkers von unten in den Achsstumpf eingeschoben und mittels einer selbstsichernden M12 Feingewindemutter SW19 mit 65Nm angezogen werden.

Sollte sich der Querlenker nicht weit genug runter drücken lassen, kann die Stabianbindung (orange im Bild) gelöst werden.

Sollte sich der konische Zapfen des Querlenkers beim Festziehen mitdrehen, ist er mittels Bremsenreinigers zu entfetten und dann von unten mit Wagenheber oder Getriebeheber nach oben zu drücken.


Im Foto ein Ende 2017er KW Gewindefahrwerk, nähere Infos dazu hier:  KW Gewindefahrwerk V3

Nun wird der Zapfen des Spurstangenkopf von unten ins Federbein geschoben und von oben mit einer selbstsichernden M10 Feingewindemutter SW17 mit 36Nm angezogen. Auch kann Entfetten und Druck von unten helfen, falls sich der Zapfen mitdreht. Es gibt verschieden große Manschetten an den Spurstangenköpfen, hier eine Übersicht:

Übersicht verschiedene Spurstangenköpfe



Das war schon die ganze Montage des Federbein. Es ist also nur an drei Stellen mit dem Auto verbunden. Oben über drei M8 Muttern mit dem Domlager am Federdom und unten mit einer M12 Mutter am Querlenker, sowie mit einer M10 Mutter an der Spurstange.
Jetzt kann die Bremsanlage montiert werden. Im Bild die Mindestaustattung in Form der innenbelüfteten 260x22mm E30 325i Bremsanlage.

Als Bremsscheiben nutze ich für Straßenfahrzeuge die ATE Standardausführung.

Bremsscheiben vorn: ATE 24.0122-0122.1 (260x22mm)
Bremsscheiben hinten: ATE 24.0110-150.2 (258x10mm)
Beläge vorn: ATE 13.0460-2921.2
Beläge hinten: ATE 13.0460-7036.2






Die vorderen E30 Bremssättel sind nach dem GIRLING Prinzip als 1-Kolben Schwimmsattel aufgebaut. Sie sollten nicht neu gekauft, sondern wegen Nachhaltigkeit und so lieber gebraucht beschafft und generalüberholt werden. Also zerlegen, Sandstrahlen zur groben Rostentfernung, Glasperlstrahlen für eine glattere Oberfläche, galvanisch Verzinken und dann mit neuen Kolben, Dichtungen, Führungsbolzen usw. wieder Komplettieren. Nähere Infos zum Thema sind in den folgenden Links zu finden:

Anleitung Zusammenbau Girling Sattel
Anleitung Zusammenbau ATE Sattel
Die E30 Bremsanlage kann auch vielfältige Weise aufgerüstet werden. Im Bild eine 296x25mm ALPINA B6 Bremsanlage.

Übersicht Bremsanlagen für E30



tino@e30.de