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Scheunenfund schonend starten

In letzter Zeit werden vermehrt langjährig abgestellte Fahrzeuge herausgeschoben und auf den gängigen Plattformen zum Verkauf angeboten. Wem will man es verdenken, angesichts der inflationären Preissteigerungen vorallem für höher motorisierte E30 Modelle. Nachfolgend beschreibe ich, wie man ein Triebwerk nach langer Standzeit schonend in Betrieb setzen kann und Schäden vermeidet.

So oder ähnlich wie im folgenden Foto sehen Motorräume aus, wenn die Fahrzeuge Jahre oder gar Jahrzehnte in der hintersten Ecke einer Scheune vor sich hin stauben und auf den Tag der Erlösung warten.





Zylinder mit WD40 fluten und einweichen
Ein paar Tage vor der eigentlichen Inbetriebnahme, werden mittels Kompressor Staub, Spinnenweben und andere Vegetationsspuren rund um die Kerzenöffnungen weggeblasen und dann alle 6 Zündkerzen herausgeschraubt.

Es wird WD40 oder anderes Sprühöl mittels einer Verlängerung reichlich in die Zylinderöffnungen gesprüht. Das Ganze kann gerne einige Tage einweichen.

Die Kerzen bitte wieder lose hereinschrauben, um die Brennräume zu verschliessen.

Motoröl
Vor Inbetriebnahme werden zunächst die Betriebsstoffe geprüft. Das Motoröl sieht in meinem Fall aus wie neu, trotz mehr als 10 Jahren Stillstand. Der Vorbesitzer hat netterweise einen Ölwechsel vor dem Abstellen durchgeführt. Einen halben Liter habe ich noch nachgefüllt um der Ölpumpe das Ansaugen zu erleichtern. Der Ölstand ist also bis zum Maximum aufzufüllen.

Zahnriemen
Der Zahnriemen wurde bei meinem Motor vorm Abstellen noch gemacht. Bei M40 und M20 muß man nach optischer Prüfung entscheiden, ob der Riemen noch vorm Startversuch zu erneuern ist.

Kühlwasser
Im Ausgleichsbehälter sollte noch genug Kühlwasser vorhanden sein. Wenn es leicht grünlich schimmert, ist alles gut und es war Frostschutz enthalten.

Falls aufgefüllt werden muss, das Öffnen der Entlüfterschraube am Termostat nicht vergessen.

Testweise von Hand drehen
Wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass der Motor nicht fest ist und auch vor dem Abstellen lief. Probeweise drehen wir ihn von Hand vorn an der Kurbelwelle mittels einer 22er Nuss auf Ratsche im Uhrzeigersinn. Er sollte sich ohne größere Gegenwehr komplett durchdrehen lassen.


Belastungsfrei Öldruck aufbauen
Als Nächstes wollen wir im belastungsfreiem Zustand Öldruck aufbauen. Dazu wird als erstes das weisse DME Relais unter der Abdeckung im Motorraum entfernt. Dadurch ist die Motorsteuerung stromlos und wird kein Benzin eingespritzt und auch kein Funken erzeugt.

Nun werden alle 6 Kerzen herausgedreht und beiseite gelegt.

Jetzt wird mit frisch geladener Batterie der Zündschlüssel betätigt bis der Anlasser dreht. Dies erfolgt solange bis die Öldruck Leuchte rechts im Cockpit ausgeht. Nach 10 Sekunden kann eine Pause eingelegt werden um Anlasser und Batterie zu schonen. Bei mir brauchte es drei Anläufe bis die Leuchte aus ging. 

(Beim M30 Motor muss teilweise das Öl bis übers Maximum aufgefüllt werden, damit die Pumpe nach langer Standzeit ansaugt.)

Wenn dieser Schritt erfolgreich war, haben wir schon das Wichtigste hinter uns. Das WD40 in den Brennräumen ist durch das lange Orgeln verteilt und sollte den Startvorgang nicht mehr wesentlich behindern.

Benzin vorpumpen
Nun werden wir schauen ob es die Kraftstoffzufuhr nach den Jahren tut. Die gute Nachricht ist, dass das Benzin von früher länger haltbar ist, als aktuelles. Also riskierte ich es in meinem Fall das alte Benzin drinne zu lassen. Die Benzinpumpe kann wie im Bild ersichtlich am mittleren orangen Relais überbrückt werden. Da hats dann bei mir ein wenig aus dem hinteren Teil des Autos gegluckert. Nach 20 Sekunden war im Motorraum ein deutliches Geräusch des konstant fliessenden Benzins in der Einspritzleiste festzustellen.

(Abfüllen des alten Benzins mittels der so angesteuerten Benzinpumpe in einen Kanister ist ebenfalls sehr einfach möglich.)


Nun liegt Benzin mit Druck in der Einspritzleiste an, was den Startvorgang erleichtern sollte. Das weisse DME Relais kann nun wieder eingesteckt werden.

Startvorgang
Jetzt gehts ans Starten. Zunächst drehen wir den Zündschlüssel bis "Zündung AN" und prüfen ob im Motorraum der Leerlaufsteller deutlich spürbar summt. Nun kann gestartet (und gebetet) werden

In meinem Fall sprang der Motor nicht direkt an. Ein paar Minuten später habe ich nochmal probiert und er kam sofort.




Nachfolgend noch ein paar Hinweise, wie die Fehlersuche weiter gehen kann, falls der Motor es auch nach mehreren Startversuchen nicht tut.

Fehlersuche Anlasser
Dreht nicht mal der Anlasser sind zunächst die Masseleitungen zwischen Motor und Karosse zu prüfen. Weiterhin die Batteriepole auf Festigkeit und Korrosionsfreiheit. Am Pin 15 des Motorsteckers oder Pin 11 des Diagnosesteckers kann der Motor auch aus dem Motorraum heraus durch Anlegen von 12V gestartet werden. Seltener schwächelt auch der Schalter direkt am Zündschloß.


Fehlersuche Motorstecker
Wesentlich für den erfolgreichen Motorstart ist die korrekte Grundstromversorgung des Motors. Bei "Zündung AN" muss am Pin 6 und 7 des Motorsteckers 12V anliegen. Wenn nicht, muss die Sicherung 9 geprüft werden. Bei VFL Modellen gibt es im Handschuhfach noch einen dreipoligen Stecker wo am grünen Kabel 12V bei "Zündung AN" anliegen muss. 

Fehlersuche Pluspol und Masse
An der dünneren Leitung des Batteriekabels am Batteriepluspol muss 12V Dauerplus anliegen. Im hinteren Bereich dieses kleinen Kabels Leitung ist eine Sicherung im Kabel eingearbeitet, welche bei unsachgemäßer Starthilfe gerne durchbrennt und für Laien und Werkstätten gleichermaßen schwer zu entdecken ist.

Der Motorkabelbaum besitzt neben dem Dauerplus natürlich auch eine feste Masseverbindung zur Karosserie. Sie sitzt auf dem Dom beifahrerseitig.

DME Relais klickt und Leerlaufsteller summt?
Wenn die Grundstromversorgung steht, dann summt der Leerlaufsteller und die DME ist betriebsbereit.


Zündfunken?
Startet der Motor trotz Starthilfespray nicht, kann geprüft werden ob es überhaupt einen Zündfunken gibt. Falls nicht ist der OT Sensor am Schwungrad vorn durchzumessen. Er sollte einen Widerstand von rund 900 Ohm haben. Ein vergrößerter Abstand zwischen OT Sensor zum Schwungrad hat ebenfalls schon manchen Start verhindert.

Weiterhin könnte der Verteilerfinger verrottet sein. Kommt beim S14 Motor öfters vor.

(Seltener sind die Stecker zwischen OT Geber und dem Sensor der Zylinderkennung vertauscht. Beide dreipolig unter der Ansaugspinne.)

An beiden Anschlüssen der Zündspule liegen bei "Zündung AN" 12V an. Wenn nicht hats die Sicherung 9 möglicherweise entschärft. Denkbar wäre auch eine defekte Zündendstufe im DME Steuergerät.

Die E30 Modelle mit dem großen Diagnosestecker sind durchaus diagnosefähig und könnten also auch mit dem Tester weiter bearbeitet werden.





Benzineinspritzung ?
Die Einspritzventile verkleben gern nach langer Standzeit. Dies ist eher die Regel als die Ausnahme. Meist hilft es mit einem Meißel und kleinem Hammer seitlich leichte Schläge auf das entsprechende Ventil zu geben.

Um zu prüfen ob die Einspritzdüsen angesteuert werden, kann der Stecker eines Ventils abgezogen und gemessen werden. In schwereren Fällen habe ich auch schon die ganze Einspritzleiste samt Düsen entnommen und ausserhalb vom Fahrzeug angesteuert. Es sollte ein sehr feiner gleichmäßiger Nebel entstehen, wenn die Düsen mit 12V angetaktet werden.

Die weiteren Ursachen für ein Nichtanspringen können vielfältig sein. Hier noch einige denkbare Maßnahmen:

- Kompressionmessung (vorallem M20B20 schwächeln hierbei öfter, reichlich Öl in Kerzenöffnung hilft oft)
- Anschleppen durch anderes Fahrzeug (Hierbei ergibt sich eine wesentlich höhere Drehzahl des Motor. Wenn vorher "Abgesoffen" klappts mit Anschleppen zuverlässiger als mit schwächelnder Batterie)
- Steuerzeiten prüfen (übergesprungener oder falsch aufgesetzter Zahnriemen wäre ja zumindestens denkbar, hatte ich aber noch nie)
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tino@e30.de