Autoscheiben
aus Polycarbonat |
Mit diesem Text versuche ich
alle Fragen über "Plexischeiben" im Auto
weitgehend zu beantworten.
vorneweg: mit Plexiglas (PMMA), wie fälschlicherweise immer angenommen
wird,
hat dieses Material nichts zu tun.
Auszug aus einem Forschungsmagazin:
"Ein Kunststoff macht dem alten Werkstoff Glas Konkurrenz: Polycarbonat,
das
ebenso durchsichtig, aber wesentlich schlagfester und leichter ist. Eine
der
letzten Glasbastionen sind Autoscheiben, deren Oberfläche extremen
Belastungen
standhalten muss. Bayer-Forscher haben nun eine Lack-Beschichtung für
die
Scheiben entwickelt, die den entscheidenden Schritt hin zur Erfüllung
der
hohen Anforderungen der Autohersteller darstellt."
Wer wie ich keine so hohen Anforderungen stellt, der kann sich schon heute
das besagte Material in sein altes Auto bauen und ist damit der Industrie
einen Schritt vorraus. Im hinteren Bereich, also der Heckscheibe und der
hinteren Seitenscheiben treten sowieso keine so extremen Beanspruchungen
wie
aufgewirbelte Steinchen von Voraussfahrzeugen , Kratzen des Scheibenwischers
oder die Auf und Abbewegung im Falle eines vorderen Seitenfensters auf.
Bis die Industrie geeignete Beschichtungen für diese
Oberflächenbeanspruchungen entwickelt und eingeführt hat, können
wir schon
jetzt die Vorteile des Materials nutzen.
Genaue Bezeichnung und Eigenschaften des Materials:
PC - Polycarbonat -> Markennahmen ua.: Makrolon, Makrolan, Makrofol
- vollkommen transparent
- glasänliche Struktur, aber hoch schlag- und bruchfest.
- leicht
- temperaturbeständig bis 150 Grad Celsius
- kratzfest (nicht beständig)
- freie formgebung
(ca. Preise und eine Bezugsadresse untenstehend)
Den Vorteil der Freien Formgebung können wir leider nicht nutzen da
uns das
Material nur in Plattenware zur Verfügung steht und nicht für
uns speziell
gegossen wird.:-)
Wie beispielsweise beim MCC Smart, dessen hintere Seitenscheibe aufgrund
der
starken Wölbung schon jetzt aus Makrolon gefertigt ist. Autoscheinwerfer,
Brillengläser, cd´s, Handygehäuse, und z.B. das Glasdach
des Kölner
Hauptbahnhofes sind ebenfalls aus dem Thermoplast-Material.
Doch zum Thema:
Die Hauptgründe weshalb Polycarbonat vor allem im Motorsport eingesetzt
wird
sind neben der beinahen Unzerstörbarkeit, und damit mehr Sicherheit
bei
Unfällen, vor allem der Gewichtsvorteil des Materials.
Polycarbonat hat eine Rohdichte von 1,2 kg/dm³. Glas ist mit
2,3-2,5 kg/dm³
also etwa doppelt so schwer bei gleichem Volumen.
Die Gewichtsersparnis erfolgt im oberen Bereich des Autos, was den Schwerpunkt
senkt und sich auch theoretisch positiv auf die Fahreigenschaften auswirkt.
Ob man mit dem entstehenden Komfortverlust, wie dem Verzicht der
Heckscheibenheizung, Colorverglasung und bei Limosinen dem nicht mehr
möglichen Herunterkurbeln der hinteren Seitenscheiben leben kann und
will,
ist jedem selbst überlassen.
Beziehbar ist Polycarbonat meist unter dem Firmennamen Makrolon bei örtlichen
Glasereien. Es ist in allen für BMW-Fahrzeuge erhältlichen Dicken
verfügbar.
Die Scheibendicke findet ihr auf der Orginalglasscheibe eingraviert.
Logischerweise wählt man die Dicke der Orginalscheibe damit die Dichtungen
alle wieder sauber anliegen.
Bearbeiten lässt sich das Material kinderleicht mit einer Stichsäge.
Bei den Seitenscheiben mit Scheibenmechanik geht man beispielsweise so
vor:
Türverkleidung und Scheibenmechanik ausbauen. Dicke auf der Orginalscheibe
aussen ablesen und Scheibe abmessen, dabei nicht vergessen dass Sie wie
die
Orginalscheibe auch noch in die Tür reinreichen sollte. Material beim
Glaser
bestellen und abholen.(UV beständiges und Wetterfestes Material verlangen)
Die Schutzfolie auf beiden Seiten unbedingt drauflassen!
Makrolonscheibe grob mit Stichsäge (Kunsstoffblatt, Metallblatt geht
auch gut)
zuschneiden. Jetzt die Scheibe auf den Bodenlegen und 2 Holzleisten oben
und
unten unterlegen.. Orginalscheibe drauflegen und niederdrücken damit
sich die
Makrolonscheibe zwischen den Holzleisten durchbiegt und die runde
Orginalscheibe überall sauber anliegt. Auf der Folie mit einem Filzstift
oder
einem Körner rundherum anritzen. Die Scheibe jetzt sauber mit der
Stichsäge
ausschneiden und keine Angst: Das Material wird weder brechen noch splittern.
Die Kanten sollte man dann, damit die Scheibe auch gut in die Dichtung
rutscht
Glaskanten - ähnlich mit einem winkelschleifer oder von hand halbrund
schleifen.
Jetzt baut man die Scheibe vorerst noch mit Schutzfolie drauf vorsichtig
in
die Tür ein und achtet darauf das man Sie durch das einschieben nicht
verkratzt. Wenn alles passt und man auf Nummer sicher gehn will kann
man
entweder jetzt die schutzfolie abziehn oder man nimmt die Scheiben noch
mal
raus und zieht sie aussen ab. Dann muss man sie aber gut vorsichtig
einschieben.
Wer die Scheiben genau den Orginalscheiben nachempfunden hat, der kann
die
Scheibenmechanik wieder montieren damit die Scheibe von Ihr in Position
gehalten wird. Dagegen spricht allerdings das Gewicht dieser Mechanik die
z.B.
beim E28 fast 5kg pro Seite entspricht. Die Scheibe kann man so und so
nicht
mehr herunterkurbeln da die gerade Scheibe nach 10cm aus der Dichtung springen
würde
Befestigen kann man die Scheibe auch mit einer quer verschraubten leichten
Aluschiene die die Scheibe obenhält. Ich finde das ist die bessere
Lösung.
Bei e21 Seitenscheiben, oder den Heckscheiben/Dreiecksscheiben stellt sich
diese Frage sowieso nicht.
Was sagt der TÜV dazu?
Für die Eintragung ist ein Zick-Zack-Einbrennsymbol erforderlich.
Das kriegt
ihr entweder bei Glasereien die das Material schon mal in Baumaschinen
verbaut
haben, oder sonst dieses Zeichen besitzen oder ihr fragt Leute aus dem
Rallyesport. Fragt die Leute um Rat die das Material verkaufen. Meines
wissens
ist die Eintragung nur bei den hinteren Scheiben möglich.
Erfahrungen: Ich fahre die Scheiben jetzt testweise nur an den Seiten schon
den ganzen Winter über. Die Scheiben fallen vom Aussehen her absolut
keinem
auf. Das Material ist im Grunde sehr kratzfest, aber das Enteisen mit einem
Eiskratzer traue ich Ihm eigentlich nicht zu. Ansonsten gibts keine
Beanstandungen. Da das Wasser sogar besser abläuft als auf Glas, frieren
diese
Scheiben auch seltener zu.
Und nun am Ende zum einzigen grösseren Nachteil des Materials: dem
Preis!
ein Beispiel:
Preise pro m²:
3mm 43,23euro
4mm 56,30euro
5mm 70,05euro
+ 16% mwst + pro schnitt 1 euro.
Quelle:
Späth J. Glaserei
Plexiglas, Steinweg 1
94051 Hauzenberg (Passau)
vorteil: Hat alle stärken von 1-12mm auf lager und es muss nicht für
Verschnitt extra bezahlt werden.
Nebeneffect: Wenn man das Material mit Heissluft erhitzt, wirft es zwar
unschöne Blasen, aber man kann es biegen und formen. Ich hab daraus
extrem
zähe flexible Plastikwinkel und sonstige Plastikteile gebaut die man
ohne
Probleme fest Anschrauben kann ohne das das Material splittet. Halterungen
für
dass ich zuvor oft Alu verwendete baue ich jetzt immer öfters aus
dem
Verschnitt meiner Scheiben. Muss man testen!
links:
https://www.exatec.de
https://www.makrolon.de/
MRainer
Zukunft: Die Markteinführung auf dem Automobilbausektor wird
wohl nicht mehr
allzulange dauern. Bayer hat vor kurzem eine 2-fach
Keramikpartikelbeschichtung entwickelt die kratzfester als Glas sein soll.
Der
Preis wird durch so eine Beschichtung aber sicher nicht sinken. Es ist
deutlich teurer als Glas. Die Designfreiheit könnte da aber einiges
wettmachen. Für das zentrale Bremslicht beispielsweise liessen sich
schon beim
Herstellen der Scheibe Schnappverbindugnen formen in die die Leuchte später
einfach eingeklickt wird. Ein weiterer Vorteil für die Autoindustrie
wird
sein, dass die hart-beschichteten Scheiben wesentlich einbruchsicherer
sein
sollen.
MRainer |